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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2017/197: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin hat sich wiederholt zum Bezug von IV-Leistungen angemeldet und wurde aufgrund verschiedener psychischer Diagnosen abgelehnt. Es wurde diskutiert, ob sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer Persönlichkeitsstörung leidet. Die Gutachten der verschiedenen Ärzte wiesen unterschiedliche Diagnosen auf, wobei keine eindeutige Persönlichkeitsstörung festgestellt wurde. Der letzte Gutachter diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Mitwirkungsfähigkeit führte. Die Beschwerdeführerin kritisierte die Oberflächlichkeit der Begutachtung und betonte ihre traumatischen Erlebnisse in der Kindheit. Letztendlich wurde die Beschwerde gegen die Abweisung der Invalidenrente abgelehnt, da die Diagnose der kombinierten Persönlichkeitsstörung als überzeugender angesehen wurde.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2017/197

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2017/197
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2017/197 vom 13.12.2019 (SG)
Datum:13.12.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 61 ATSG. Beweiswert des Gutachtens und freie Beweiswürdigung. Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 2019, IV 2017/197).
Schlagwörter : IV-act; Persönlichkeit; Persönlichkeitsstörung; Störung; Quot; Gutachten; Behandlung; Begutachtung; Diagnose; Bericht; Angst; Recht; Arbeitsfähigkeit; Gutachter; Agoraphobie; Haushalt; Einschätzung; Trauma; IV-Stelle; Panikstörung
Rechtsnorm:Art. 7 ATSG ;
Referenz BGE:117 V 282; 122 V 158; 125 V 195; 125 V 261; 125 V 351; 126 V 360; 135 V 465;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2017/197

Entscheid vom 13. Dezember 2019

Besetzung

Versicherungsrichterinnen Michaela Machleidt Lehmann (Vorsitz), Marie-Theres Rüegg Haltinner und Versicherungsrichter Joachim Huber; Gerichtsschreiberin Felicia Sterren

Geschäftsnr. IV 2017/197

Parteien

A. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Irja Zuber, c/o Procap Schweiz,

Frohburgstrasse 4, Postfach, 4601 Olten,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

Gegenstand Rente Sachverhalt

A.

    1. A. meldete sich am 12. Januar 1996 erstmals zum Bezug von IV-Leistungen an (IV-act. 5-1 ff.). Die IV-Stelle gewährte ihr berufliche Massnahmen in Form einer Umschulung zur B. (vgl. IV-act. 1-3). Im Jahr 2000 schloss die Versicherte die Umschulung erfolgreich ab. Gleichzeitig teilte sie der IV-Stelle mit, dass sie berufliche Aktivitäten ausser Haus zurückstellen müsse, da sie ein Kind erwarte (IV-act. 1-6; IVact. 8-11).

    2. Am 15. Januar 2007 meldete die Versicherte sich erneut zum Bezug von IVLeistungen an (IV-act. 5-15 ff.). Dem Bericht der Klinik C. , Dr. med. D. und Dr. med. E. , vom 22. September 2006 sind folgende Diagnosen zu entnehmen:

      mittelschwere depressive Episode mit ausgeprägter Angst, akzentuierte Persönlichkeit mit histrionischen und emotional instabilen Anteilen, pathologischer PAP (IV/V), Status nach Anorexie, Bulimie im frühen Erwachsenenalter, Status nach Spontangeburt 2000 und Status nach Interruptio 1/2006 (IV-act. 10-2 f.). Der behandelnde Psychiater,

      Dr. med. F. , FMH Psychiatrie / Psychotherapie, diagnostizierte im Arztbericht vom

      5. Februar 2007 eine Agoraphobie (F40.0) und einen starken Verdacht auf eine

      emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (F60.31).

    3. Mit Gutachten vom 28. November 2007 diagnostizierte Dr. med. G. , Klinik

      H. , eine Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01). Die Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf als Primarlehrerin betrage 0%; die Tätigkeit sei der Versicherten aber nach einer Therapie sicherlich wieder zumutbar. Als B. und I. bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 100% (IV-act. 12-7 f.). In Ergänzung zum Gutachten hielt Dr. med. J. , Klinik H. , am 28. Dezember 2007 fest, in der Vergangenheit sei die Arbeitsunfähigkeit durch depressive Episoden bedingt gewesen, diese seien jedoch in

      Remission. Aktuell sei die Arbeitsfähigkeit durch die Angststörung beeinträchtigt (IV-

      act. 12-12).

    4. Mit Verfügung vom 10. Oktober 2008 wies die IV-Stelle das Gesuch um Invalidenrente ab (IV-act. 31).

    5. Am 12. Januar 2009 meldete die Versicherte sich wiederum zum Leistungsbezug an (IV-act. 38). Mit Schreiben vom 27. Januar 2009 teilte Dr. med. K. , FMH Psychiatrie und Psychotherapie, mit, er habe den Eindruck, dass nicht nur phobische Symptome ihre Arbeitsfähigkeit kompromittieren, sondern "zusätzlich eine Persönlichkeitsstörung (histrionisch ängstlich-vermeidend)" vorliege (vgl. IV-act. 48).

    6. Mit Gutachten vom 16. November 2009 diagnostizierte Dr. med. L. , Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, eine Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01) und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (F33.4; IV-

      act. 64-43). Als I. und Z. sei die Versicherte in ihrer Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt. Es sei zu erwarten, dass sich die Agoraphobie durch eine konsequente Behandlung deutlich zurückbilde. Die Eingliederungsmotivation der Versicherten sei aber gering (vgl. IV-act. 64-54 f.; IV-act. 64-59).

    7. Am 3. März 2010 bzw. 26. Mai 2010 wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren der Versicherten ab (IV-act. 68 und 72).

    8. Am 29. Juli 2014 meldete die Versicherte sich erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 78). Als gesundheitliche Beeinträchtigung gab sie "psychische Erkrankung" seit 2006 an (IV-act. 78-5 f.).

    9. Mit Bericht vom 20. November 2014 teilte Dr. med. M. , Psychiatrie-Dienste N. , der IV-Stelle mit, die Versicherte befinde sich seit dem 16. Mai 2013 in Behandlung. Ihre Angststörungen wie soziale Phobie und posttraumatische Belastungsstörung würden ihre täglichen Aktivitäten stark behindern, sodass sie intensive Hilfe von Drittpersonen benötige. Sie leide auch an einer schizotypen

      Störung. Diese erschwere zusammen mit den Angststörungen eine effektive Therapie. Da keine Selbstoder Fremdgefährdung feststellbar sei, könne die stationäre psychiatrische Therapie nicht angewendet werden. Eine Möglichkeit wäre, die

      Versicherte zu einer teilstationären Therapie zu motivieren. Wegen der sozialen Phobie werde diese Alternative nur langsam und stufenweise durchführbar sein. Die Versicherte sei 100% arbeitsunfähig (IV-act. 92). Mit Bericht vom 13. März 2015 führten die Pflegefachfrau O. und Dr. M. weiter aus, im Vordergrund stehe die Behandlung der Versicherten in ihrem privaten, sozialen und familiären Umfeld. Sie erhalte wöchentlich ca. zwei Stunden Unterstützung in der Alltagsbewältigung und der Erarbeitung einer Tagesstruktur durch den aufsuchenden psychiatrischen Dienst. Die Pflegefachfrau O. und Dr. M. beschrieben anhand von Beispielen und des MiniICF-Ratings den sozialpraktischen Hilfsbedarf der Versicherten (IV-act. 101).

    10. Am 6. Mai 2015 fand eine Abklärung vor Ort statt. Angaben zu den Einschränkungen im Haushalt konnten jedoch nicht gemacht werden, da ein strukturiertes Gespräch mit der Versicherten nicht möglich war. Der Haushalt werde aber gemacht (vgl. IV-act. 106).

    11. Mit ausführlicher Stellungnahme vom 12. Oktober 2015 stellte der RAD-Arzt Dr. med. P. , Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie,

      folgende Diagnosen: (dekompensierte) abhängige Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen Anteilen (F60.7/F61.0; DD fraglich psychosenahe), progrediente chronifizierende Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01), rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (F33.4), wobei die Remission unter Schonbedingungen nur symptomatisch sei. Spätestens mit Beginn der psychiatrischen Behandlung im Psychiatriezentrum N. im Mai 2013 könne der aktuell vorhandene Schweregrad als sicher ausgewiesen betrachtet werden und sei die Versicherte 100% arbeitsunfähig. Dass Dr. L. keine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert hat, begründet Dr. P. im Wesentlichen damit, dass in der ersten Lebenshälfte maskierende Faktoren vorlägen. Einem jungen Menschen würden eher eine Experimentierphase mit ungewöhnlichem Lebensumfeld, Stellenwechsel und Anstellungspausen zugestanden. Bei zunehmendem Alter werde der Abstand zu einer regulären, unbeeinträchtigten Persönlichkeitsfestigung sichtbarer (IV-act. 107).

    12. Am 24. November 2015 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass medizinische Abklärungen notwendig seien und eine Begutachtung in Auftrag gegeben worden sei. Da die Versicherte geltend machte, sie könne ihr Haus so gut wie gar nicht verlassen,

      stornierte die IV-Stelle den bereits erteilten Begutachtungsauftrag und beauftragte am

      3. Dezember 2015 neu Dr. med. Q. , Psychiatrie und Psychotherapie FMH, dessen Praxis dem Wohnort der Beschwerdeführerin relativ nahe lag, mit der Begutachtung (IV-act. 111 ff.). In der Folge machte die Versicherte im Wesentlichen geltend, diese

      Begutachtung sei für sie eine enorme Belastung und sie könne nicht nach R. reisen. Die Begutachtung wurde deshalb zuerst hinausgeschoben und erst am 29. September 2016 in R. durchgeführt (IV-act. 124 ff.).

    13. Mit Gutachten vom 5. November 2016 hielt Dr. Q. als Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01) fest. Als Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit würden psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa und Hypnotika, Verdacht auf Abhängigkeitssyndrom von Benzodiazepinen (F13.2), rezidivierende depressive Störung (F33.4), weiterhin voll remittiert, sowie akzentuierte Persönlichkeitszüge mit histrionisch-unreifen und emotional-instabilen Anteilen (Z73.1) vorliegen. In der angestammten Tätigkeit als I. und Z. sowie in anderen adaptierten Tätigkeiten bestehe seit der Vorbegutachtung im Jahr 2009 durchgehend eine Arbeitsfähigkeit von 100%. Im Haushalt bestehe bei der Möglichkeit zur freien Zeiteinteilung eine

      Leistungsfähigkeit von 100% (IV-act. 148-33). Dr. Q. führte aus, bei der Versicherten liege mit Sicherheit keine schizotype Störung vor. Ihre teilweise ungewöhnlichen, exzentrischen Äusserungen seien sämtlich im Rahmen der akzentuierten Persönlichkeitszüge zu erklären. Eine tatsächliche psychotische Symptomatik habe bei der Versicherten nie verifiziert werden können. Auch in der aktuellen Exploration hätten für eine solche Symptomatik keinerlei Hinweise gefunden werden können. Dr. M. baue seine Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit überwiegend auf den subjektiven Beschwerden der Versicherten auf und beziehe die im IV-Verfahren nicht zu berücksichtigenden psychosozialen Belastungsfaktoren in seine Beurteilung mit ein. Der RAD-Arzt Dr. P. habe die Versicherte nicht persönlich untersucht, was aber bei dieser Versicherten unerlässlich sei. Zudem stütze er sich auf den Bericht einer Psychiatriepflegefachfrau und eine Haushaltsabklärung, welche bei mangelnder Motivation der Versicherten nicht fachgerecht habe durchgeführt werden können. Bei solch widersprüchlichen Angaben und Fakten könne durch eine reine Aktenbeurteilung keine tragfähige medizinische Einschätzung erfolgen. Das ausgeprägte manipulative

      und kontrollierende Verhalten der Versicherten, die ihre Interessen und Wünsche souverän durchsetze, spreche eben gegen eine schwerwiegende psychiatrische Störung und belege anschaulich, welche Ressourcen und Kompetenzen und welche emotionale Unabhängigkeit, Belastbarkeit und Flexibilität bei der Versicherten vorhanden seien (IV-act. 148-35 f.). Eine Agoraphobie mit Panikstörung liege weiterhin vor, wobei es in den letzten ein bis zwei Jahren nicht mehr zum Auftreten von Panikattacken gekommen sei, also eine tendenzielle Verbesserung des psychischen Zustands eingetreten sei. Eine adäquate Behandlung lehne die Versicherte bei sekundärem Krankheitsgewinn ab. Sie zeige sehr viele Ressourcen und Fähigkeiten in der Freizeit, die sie auch im beruflichen Bereich einsetzen könne. Zusätzlich bestehe nun eine neue Lebenssituation, da ihre Tochter inzwischen fast erwachsen sei. Die Versicherte habe deshalb sehr viel mehr freie Zeit, welche sie für eine berufliche Wiedereingliederung nutzen könne, wenn sie interessiert sei (IV-act. 148-37).

    14. Mit Stellungnahme vom 29. November 2016 hielt RAD-Arzt Dr. P. fest, das Gutachten von Dr. Q. folge den formal vorgesehenen Kriterien (IV-act. 149).

    15. Mit Vorbescheid vom 2. Dezember 2016 stellte die IV-Stelle der Versicherten eine Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht (IV-act. 152).

    16. Gegen diesen Vorbescheid erhob die Versicherte, vertreten durch S. ,

      Sozialversicherungsfachfrau, Procap T. , am 23. Januar 2017 Einwand (IV-

      act. 159-1). Sie legte eine Stellungnahme Dr. M. s vom 20. Januar 2017 vor, mit der dieser vorbrachte, die Versicherte habe in ihrer Kindheit und Pubertät Traumata erlebt, welche die Persönlichkeitsentwicklung pathologisch vielseitig beeinflusst hätten. Dies erkläre, weshalb Gutachter und Behandler bei der Versicherten so oft Persönlichkeitsstörungen und akzentuierte Persönlichkeitszüge diagnostiziert hätten. Es sei nicht zutreffend, dass Dr. Q. nur akzentuierte Persönlichkeitszüge erwähne, anstatt eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren. Aus fachlicher Sicht sei es daneben nicht vertretbar, bei der Begutachtung auf die Durchführung einer fachpsychologischen Persönlichkeitstestung zu verzichten. Auch wenn Dr. P. die Versicherte nicht persönlich untersucht habe, könne kein so grosser Unterschied in der Diagnosestellung entstehen. Den Bericht der Pflegefachfrau O. , welche die Patientin seit fast vier Jahren jede Woche besuche und sehr gut kenne, müsse man bei der

      Beurteilung des psychischen Zustandes der Versicherten berücksichtigen, was in der aktuellen Begutachtung nicht geschehen sei. Die Versicherte habe zwei Begleiter und zwei Tabletten Temesta gebraucht, um die Reise zur Begutachtung bei Dr. Q. zu schaffen. Die Angst, die Unsicherheit, das regressive Verhalten sowie die Stimmungsschwankungen, welche die Reise ausgelöst hätten, hätten die Kooperation der Versicherten während der Begutachtung weitgehend negativ beeinflusst. Es bestehe keine Benzodiazepinabhängigkeit. Sie nehme unregelmässig 0.5 bis 1 mg Temesta ein, um sich zu beruhigen, wenn ihre bekannten Angstsymptome aufträten. Die Versicherte habe dem Gutachter erzählt, dass sie vor ihrem Umzug in einem uralten Haus gewohnt habe. Dort habe es starke negative Einflüsse gehabt, Wasseradern und schlechte, gesundheitsschädliche Bausubstanz. Zudem böse Nachbarn und Probleme mit den verstorbenen Personen, die früher in diesem Haus gelebt hätten. Wegen Sorgen um ihre Gesundheit sei sie schliesslich umgezogen. Der Gutachter hätte das "magische Denken" der Versicherten, ihren schizotypen Anteil also beobachten und folglich auch diagnostizieren können. Die Agoraphobie mit Panikstörung in Kombination mit der komplexen Persönlichkeitsstörung würden die Mitwirkungsfähigkeit der Versicherten erheblich beeinträchtigen. Deshalb könne sie kaum in der Behandlung kooperieren (IV-act. 159-3 ff.).

    17. Am 23. März 2017 nahm Dr. Q. zu den Ausführungen Dr. M. s vom

      20. Januar 2017 Stellung. Die akzentuierten Persönlichkeitszüge hätten keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit, aber auf die Motivation der Versicherten in der aktuellen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung. Die Versicherte verhalte sich häufig manipulativ. Sie habe ihr eigenes, scheinbar unflexibles Krankheitskonzept, das sie den Betreuenden seit Jahren "aufzuzwingen" versuche. Sie stelle sich als Opfer dar. Dieses dysfunktionale Verhalten werde von den behandelnden Therapeuten scheinbar seit Jahren unterstützt, sodass die Versicherte es nicht ändern müsse. Sie sei jedoch trotz scheinbar schwerer psychischer Einschränkungen sehr gut in der Lage, ihre Tochter zu versorgen. Das passe nicht zusammen. Eine Agoraphobie mit Panikstörung sei behandelbar. Eine Behandlung lege artis sei der Versicherten zumutbar, jedoch bisher nicht durchgeführt worden. Eine neuropsychologische Testung sei 2009 durchgeführt worden. Seither seien keine neuen psychischen Symptome neue Störungen hinzugekommen. Eine manifeste voll ausgebildete

      kombinierte Persönlichkeitsstörung habe vom Behandler und auch vom RAD-Arzt nicht

      ausreichend belegt werden können (IV-act. 162).

    18. Mit Eingabe vom 7. April 2017 machte die Versicherte geltend, die Begutachtung sei zu oberflächlich durchgeführt worden. Seit Jahren habe sie kein soziales Umfeld mehr und verbringe ihr Leben fast ausschliesslich in ihrer Wohnung. Der Gutachter verkenne, dass es Teil ihrer Diagnose sei, wenn sie nicht bei einer adäquaten Behandlung mitmachen könne (IV-act. 165).

    19. Mit Verfügung vom 11. April 2017 wies die IV-Stelle das Gesuch um Invalidenrente

ab (IV-act. 166).

B.

    1. Gegen diese Verfügung erhob A. , nun vertreten durch Rechtsanwältin Irja Zuber, Procap Schweiz, am 23. Mai 2017 Beschwerde. Sie beantragt, die Verfügung vom 11. April 2017 sei aufzuheben und ihr sei eine Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Vornahme weiterer Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Ihr sei die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu gewähren, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin. Die medizinische Aktenlage sei sehr umfangreich und decke die Zeit seit 1996 ab. Bei den Diagnosen seien sich die Ärztinnen und Ärzte nicht einig, was die Komplexität der psychischen Situation der Beschwerdeführerin widerspiegle. Der Gutachter Dr. Q. scheine die Fakten aus den Berichten Dr. M. s und auch die sexuellen Missbräuche sowie die emotionale Vernachlässigung ausgeblendet zu haben. Die Einschätzungen des RAD-Arztes und des behandelnden Psychiaters seien weitaus überzeugender und stringenter als das Gutachten. Es sei von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit in jeder Tätigkeit auszugehen (act. G1). Ihrer Beschwerde legte die Versicherte unter anderem einen Arztbericht Dr. M. s vom 16. Mai 2017 bei. Darin äussert Dr. M. , wie auch die frühere Behandlerin Dr. D. bestätige, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Kindheit und Jugend mehrmals sexuelle Missbräuche und emotionale Vernachlässigung erlebt. Diese Ereignisse hätten die Persönlichkeitsentwicklung der Beschwerdeführerin schwer beeinträchtigt. Die erwähnte Tatsache spiele in der Entstehung der kombinierten Persönlichkeitsstörung eine sehr wichtige Rolle. Die Agoraphobie mit Panikstörung und

      die kombinierte Persönlichkeitsstörung würden die Kooperation der Beschwerdeführerin bezüglich der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung bedeutend beeinträchtigen. Insbesondere interpretiere die Beschwerdeführerin die Wirkungen der Psychopharmaka ungewöhnlich. Sie habe nämlich Angst davor, dass diese ihre Beziehung zu den sogenannten ausserirdischen, spirituellen Kräften stören würden. Aufgrund ihres Krankheitsbildes könne die Beschwerdeführerin bezüglich Therapie nur eingeschränkt mitwirken. Die Krankheitsgeschichte zeige, dass die psychischen Störungen bei der Beschwerdeführerin seit Jahrzenten vorliegen würden. Die ungünstige psychosoziale Situation sei Folge davon, nicht umgekehrt. Die Ängste der Beschwerdeführerin würden ihre manipulatorischen Tendenzen auslösen. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund ihrer Erkrankung Schwierigkeiten, die vorgeschlagenen Therapien zu akzeptieren. Ihr Leidensdruck bleibe aber bedeutend. Ziel der Behandler sei deshalb eine Stabilisierung des Zustands und eine Linderung des Leidens, welches die Störungen im Alltag verursache (act. G1.4).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 13. Juli 2017 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Die angefochtene Verfügung stütze sich in medizinischer Hinsicht auf das psychiatrische Gutachten von Dr. Q. vom 5. November 2016. Die Beschwerdeführerin lasse den fundamentalen Unterschied zwischen Begutachtungsund Behandlungsauftrag, welche in einem unvereinbaren Zielkonflikt zueinander stehen würden, ausser Acht. Eine psychiatrische Begutachtung könne naturgemäss nicht ermessensfrei erfolgen. Ein medizinisches Administrativgutachten könne nicht stets dann in Frage gestellt werden, wenn die behandelnden Ärzte eine abweichende Auffassung vertreten würden. Das psychiatrische Gutachten Dr. Q. s erfülle die Anforderungen an ein lege artis erstelltes Gutachten. Es sei zwar verständlich, dass dem behandelnden Facharzt Dr. M. das Wohlergehen seiner Patientin ein Anliegen sei. Indem aber die Einschätzung Dr. M. s von dieser Sichtweise beeinflusst sei, könne er nicht beanspruchen, die Arbeitsfähigkeit seiner Patientin unbefangen und neutral einzuschätzen. Gestützt auf das beweiskräftige psychiatrische Gutachten von Dr. Q. sei davon auszugehen, dass bei der Beschwerdeführerin kein psychisches Leiden im für eine Rentenzusprache erforderlichen Schweregrad bestehe (act. G5).

    3. Am 25. Juli 2017 bewilligte die damalige Verfahrensleitung das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege (act. G6).

    4. Mit Replik vom 28. September 2017 macht die Beschwerdeführerin geltend, der RAD habe in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2015 die Tragweite der Störung erkannt und komme zum Schluss, dass eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorliege. Die Beschwerdeführerin leide an einer schweren psychischen Störung, deren Auswirkungen massiv seien. Sie gehe nicht freiwillig aus dem Haus. Die Teilnahme an Veranstaltungen der Tochter sei ihr nicht möglich, Ausflüge und Ferien undenkbar. Sie habe kaum Kontakt zur Aussenwelt. Die finanzielle Situation sei seit Jahren sehr eng und der Druck des Sozialamtes hoch. Die Einschätzung des Gutachters sei für

      Dr. M. unverständlich. Dieser unterstreiche im Bericht vom 8. September 2017 nochmals die Schwere der psychischen Störung und weise auf die eingetretene Chronifizierung hin. Gleichzeitig hebe er die Widersprüche im Gutachten hervor, indem er aufzeige, dass die Schwere der Erkrankung durchaus den Grad einer Persönlichkeitsstörung erreiche. Der Gutachter habe lediglich biografische Details erfragt. Wenn die Beschwerdeführerin habe erzählen wollen, habe er sie unterbrochen. Insofern sei es nachvollziehbar, dass er die ganze Tragweite der psychischen Störung nicht erfasst habe (act. G10).

    5. Die Beschwerdegegnerin verzichtete mit Schreiben vom 10. Oktober 2017 auf eine Duplik (act. G12).

Erwägungen

1.

    1. Anspruch auf eine Invalidenrente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) versicherte Personen, die ihre Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern können, während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40% arbeitsunfähig gewesen sind und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40% invalid sind. Als Invalidität gilt laut Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG;

      SR 830.1) die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit. Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der

      Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Erwerbsunfähigkeit liegt nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG).

    2. Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens zu 60% invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50% besteht ein Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% ein Anspruch auf eine Viertelsrente. Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung (vgl. Art. 29 Abs. 1 IVG).

2.

    1. Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist (BGE 125 V 261 E. 4).

    2. Im Sozialversicherungsrecht gelten der Untersuchungsgrundsatz und der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG). Verwaltung und Sozialversicherungsgericht haben von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen (BGE 122 V 158 E. 1a). Rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so anders zu entscheiden ist. In diesem Rahmen haben Verwaltungsbehörden und das Sozialversicherungsgericht zusätzliche Abklärungen stets dann vorzunehmen zu veranlassen, wenn hierzu aufgrund der Parteivorbringen anderer sich aus den Akten ergebenden Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (BGE 117 V 282 E. 4a). Die urteilenden Instanzen haben die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen.

    3. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in

      der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen

      des Experten begründet sind (BGE 125 V 351 E. 3a mit Hinweisen).

    4. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen (vgl. BGE 126 V 360 E. 5b; BGE 125 V 195 E. 2, je mit Hinweisen).

3.

    1. Die Beschwerdeführerin rügt, das Gutachten Dr. Q. s enthalte Widersprüche und bedeutende Unsicherheiten. Der Gutachter habe die Komplexität ihres psychischen Gesundheitszustandes nicht richtig erfasst und Fakten ausgeblendet. Es ist daher zu prüfen, ob das Gutachten Dr. Q. s vom 5. November 2016 die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und eine rechtsgenügliche Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin zulässt.

    2. Vorab ist anzumerken, dass Dr. Q. sich der Komplexität der medizinischen Sachlage bewusst war, wies er doch im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin für eine korrekte Begutachtung selbst darauf hin (IV-act. 148-36).

    3. Das Gutachten stützt sich unstreitig auf die vollständigen Vorakten sowie auf eine persönliche Untersuchung. Keine Partei macht geltend, dass für die Begutachtung Fachärzte aus anderen Fachgebieten hätten beigezogen werden müssen und auch aus den Akten ergibt sich keine Notwendigkeit dafür. Das Gutachten erfüllt somit die Anforderung, auf allseitigen Untersuchungen zu beruhen und in Kenntnis der Vorakten erfolgt zu sein.

    4. Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit, dem Gutachter ihre Beschwerden vorzutragen. Soweit sie vorbringt, Dr. Q. habe lediglich biografische Details erfragt und sie nicht erzählen lassen (act. G10), ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen einer Begutachtung naturgemäss nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung steht. Aus den Akten ergibt sich sodann eine Tendenz der Beschwerdeführerin, sehr ausführlich zu erzählen (siehe hierzu beispielhaft den Abklärungsbericht Haushalt vom 1. September 2015, in welchem die Abklärungsperson schilderte, die Beschwerdeführerin erzähle "sehr detailreich und teils mehrfach erwähnend ihre Lebensgeschichte". Ein strukturiertes Gespräch sei während ihres dreistündigen Besuchs nicht möglich gewesen. Immer wieder habe die Beschwerdeführerin das Gespräch auf ihre übersinnlichen Fähigkeiten und Begegnungen mit den Männern in ihrem Leben gelenkt; IV-act. 106-9). Auch

      Dr. Q. hielt fest, die Beschwerdeführerin habe von Beginn an versucht, den Gesprächsverlauf zu kontrollieren (IV-act. 148-22). Ausserdem weist auch die Tatsache, dass Dr. Q. in der Anamnese teilweise einen Abschnitt mit einem ", usw " abschloss (IV-act. 148-17 und 148-19) auf ausführliche Schilderungen der Beschwerdeführerin hin.

    5. Dr. Q. setzte sich mit den Angaben der Beschwerdeführerin ebenso auseinander wie mit den Vorakten, sodass die geklagten Beschwerden im Gutachten grundsätzlich berücksichtigt wurden. Seine Beurteilung der medizinischen Situation ist begründet, nachvollziehbar und einleuchtend, sodass das Gutachten als für die streitigen Belange umfassend erscheint. Es bleibt zu prüfen, ob die Vorbringen der Beschwerdeführerin am Beweiswert des Gutachtens Zweifel zu erwecken vermögen.

4.

    1. Die Beschwerdeführerin lässt geltend machen, sie habe in ihrer Kindheit und Pubertät mehrmals Traumata erlebt. Dr. Q. habe den sexuellen Missbrauch und die emotionale Vernachlässigung ausgeblendet.

      1. Diejenigen Ärzte, die eine Traumatisierung in der Kindheit und Jugend thematisieren, stützen sich für die entsprechenden Ereignisse einzig auf die Angaben der Beschwerdeführerin. Objektivierbare Drittangaben, z.B. von den Eltern, der Schwester, dem damals behandelnden Arzt (frühe Krankengeschichte), Freundinnen Expartnern liegen ebenso wenig im Recht wie amtliche Dokumente, beispielsweise Gefährdungsmeldungen, Akten aus den Ausbildungsinstitutionen aus allfälligen Strafverfahren.

      2. Bereits dem früheren Gutachter Dr. L. waren im Jahr 2009 sowohl aus den Vorakten als auch aus der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin alle Ereignisse bekannt, welche die Beschwerdeführerin nun als Auslöser der Traumatisierung bzw. der Retraumatisierung ansieht. Insbesondere schilderte sie bereits damals, dass sie sich als Kind unerwünscht und vernachlässigt gefühlt habe und als Jugendliche zweimal fast vergewaltigt worden sei. Sie erzählte dem Gutachter auch von ihrer Beziehung zu einem psychisch kranken Asylbewerber, während welcher es zu sexuellen Übergriffen und einer ungewollten Schwangerschaft (welche durch eine Interruptio Anfang 2006 beendet wurde) gekommen sei. Sie sei von diesem Mann auch nach der Beendigung der Beziehung verfolgt und bedroht worden. Seit 2006 sei die Angst ein Thema. Sie habe Angst, verfolgt und vergewaltigt zu werden (vgl. IV-

        act. 64-22 ff., insbesondere IV-act. 64-28). Dennoch haben damals weder Dr. L.

        noch die vormals behandelnden Ärzte, namentlich die Dres. D. , F. , G. und K. , eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Vielmehr standen eine depressive Symptomatik (remittierte depressive Störung) und eine Agoraphobie mit Panikstörung im Vordergrund. 2009 lag demnach überwiegend wahrscheinlich keine Traumafolgestörung vor.

      3. Zwar erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber Dr. Q. , sie habe keine einfache Angststörung eine depressive Störung. Sie habe eine posttraumatische Belastungsstörung. Wenn ihr etwas hochkomme, sei sie wie gelähmt und es sei ein Aufruhr in ihr. Dann könne sie nicht mehr sprechen, auch nicht mit Freunden, ihre Tochter könne das alles ja bestätigen (IV-act. 148-18). Gemäss ICD-10 folgt die Belastungsstörung dem Trauma aber mit einer Latenz von wenigen Wochen bis Monaten (F43.1 ICD-10). Zwischen der Begutachtung 2009 und der Wiederanmeldung zum Leistungsbezug bei der Beschwerdegegnerin bzw. der Begutachtung durch

        Dr. Q. im Jahr 2016 werden keine Erlebnisse geltend gemacht, welche zu einer

        (Re-)Traumatisierung geführt hätten. Ein solches einschneidendes Ereignis ist aus den Akten auch nicht ersichtlich.

      4. Die ICD-10 nennt als typische Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, Träumen Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten (F43.1 ICD-10). Diese Symptomatik wird von Dr. M. höchstens ansatzweise beschrieben. Zwar geht Dr. D. in ihrem Bericht vom 22. Dezember 2015 rückblickend davon aus, dass 2006 eine komplexe Traumafolgestörung aufgetreten sei (IV-act. 128). Diese Einschätzung erfolgte jedoch über neun Jahre nachdem sie die Beschwerdeführerin behandelt hatte auf deren telefonisch geäusserten Wunsch hin. Die Ärztin stützte sich denn auch wesentlich auf die subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin und räumte ein, dass der einmalig erfolgte telefonische Kontakt bei Weitem nicht ausreiche, um eine fundierte Beurteilung abgeben zu können (vgl. IV-act. 128).

      5. Es erscheint somit nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin unter einer posttraumatischen Belastungsstörung einer anderen Traumafolgestörung leidet. Dr. Q. hat denn auch keine solche Störung diagnostiziert. Insofern ist seine Begutachtung nicht zu beanstanden.

    1. Die Beschwerdeführerin kritisiert weiter, es sei nicht zutreffend, lediglich eine Akzentuierung der Persönlichkeit und keine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren.

      1. Gemäss ICD-10 treten Persönlichkeitsstörungen meist in der Kindheit in der Adoleszenz in Erscheinung und bestehen während des Erwachsenenalters weiter (F60 ICD). Wie sowohl Dr. Q. als auch Dr. L. feststellen, war es der Beschwerdeführerin möglich, die Schule und die Ausbildung zur Lehrerin zu absolvieren und danach zwei Jahre ordentlich als Lehrerin zu arbeiten. Auch konnte sie nach der Geburt ihrer Tochter von 2003 bis 2005 in einem kleinen Teilzeitpensum an einer Schule arbeiten (vgl. IV-act. 13-10 und 16). In dieser Zeit wie auch in den nachfolgenden Jahren (bis zur Verdachtsdiagnose 2007) wurde keine Persönlichkeitsstörung bei ihr diagnostiziert. Die behauptete Persönlichkeitsstörung trat somit in der Kindheit Adoleszenz nicht als solche in Erscheinung, was tendenziell gegen ihr Vorliegen spricht.

      2. Dr. D. von der Klinik C. hat sich 2006 mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Sie kam damals zum Schluss, psychopathologisch liege am ehesten eine akzentuierte Persönlichkeit vor. Von einer Persönlichkeitsstörung im eigentlichen Sinne könne nicht gesprochen werden (IVact. 10-3). In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass die Beschwerdeführerin in der Klinik C. zweimal, einmal für vier Wochen und einmal für sechs Wochen, stationär behandelt wurde (vgl. IV-act. 10-2), sodass ihr Verhalten über längere Zeit direkt beobachtet werden konnte. Auch in ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2015

        stellte Dr. D. keine explizite Diagnose einer Persönlichkeitsstörung (vgl. IV-act. 128). Da sie sich einzig auf ihre Vorakten und die subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin anlässlich des bereits erwähnten Telefonats (vgl. E. 4.1.4 vorstehend) stützte, wäre die Korrektur ihrer früheren Diagnose hin zu einer Persönlichkeitsstörung auch nicht nachvollziehbar.

      3. Dr. F. äusserte in seinem Bericht vom 5. Februar 2007 zwar einen starken Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ. Zu jenem Zeitpunkt befand sich die Beschwerdeführerin indes erst seit rund zwei Monaten in seiner Behandlung (IV-act. 10-19). Dr. F. stellte denn auch eine blosse Verdachtsdiagnose, die er später nicht bestätigte.

      4. Auch bei Dr. K. befand sich die Beschwerdeführerin erst seit rund zwei Monaten in Behandlung, als er mit Bericht vom 27. Januar 2009 mitteilte, dass nicht bloss phobische Symptome vorlägen, sondern zusätzlich eine Persönlichkeitsstörung. Dr. K. konnte zudem nicht festlegen, welche Art der Persönlichkeitsstörung vorliegen sollte ("histrionisch ängstlich-vermeidend" vgl. IV-act. 48). Auch er bestätigte seinen Eindruck später nicht mittels definitiver, gefestigter Diagnose.

      5. Dr. L. handelte in seinem Gutachten ausführlich ab, weshalb eine Persönlichkeitsstörung nicht in Betracht falle. Seines Erachtens fehlte insbesondere die entsprechende Symptomatik. Dr. L. setzte sich auch mit den Diagnosen Dr. F. s und Dr. K. s auseinander. Er hielt dazu fest, auffällig sei insbesondere, dass ganz unterschiedliche Persönlichkeitszüge beschrieben würden. Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin eine recht auffällige Biographie habe und auf einigermassen spezielle Art und Weise mit ihrer Krankheit umgehe. Dies sei aber nicht diagnostisch zu verwerten. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin erfolgreich das Lehrerseminar abgeschlossen habe und zwei Jahre lang offenbar ohne Probleme als Lehrerin gearbeitet habe, spreche eher gegen das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung, ebenso wie die erfolgreiche Zusatzausbildung zur B. und I. . Die Diagnose der Persönlichkeitsstörung sei nur zulässig, wenn das auffällige Verhaltensmuster andauernd und gleichförmig sei und nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt sei (IV-act. 64-52 f.).

      6. Im ersten Bericht, den Dr. M. der Beschwerdegegnerin einreichte, stellte er keine mit den Vorbehandlern übereinstimmende Diagnose für eine Persönlichkeitsstörung. Er sprach vielmehr von Angststörung, sozialer Phobie, posttraumatischer Belastungsstörung und schizotyper Störung. Die schwergradige, kombinierte Form von Angststörungen sei weiterhin im Vordergrund. Die Kombination dieser Angststörungen mit einer schizotypen Störung erschwere bedeutend eine effektive Therapie (Bericht vom 20. November 2014, IV-act. 92). Auch in seinem Schreiben vom 9. Dezember 2015 und in seinem E-Mail vom 22. August 2016 nahm Dr. M. auf dieselben Gesundheitseinschränkungen Bezug (vgl. IV-act. 125 und 144)

        und führte keine Diagnose einer (kombinierten) Persönlichkeitsstörung an. Erst in seiner Stellungnahme vom 20. Januar 2017 erläuterte Dr. M. , die Traumata in der Kindheit und Pubertät hätten die Persönlichkeitsentwicklung der Beschwerdeführerin pathologisch mehrmals und sehr komplex beeinflusst. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin dazu neige, gewisse Ereignisse, Tatsachen und Heilungsmethoden ungewöhnlich zu interpretieren, begründe seine Beobachtung, dass sie in Folge ihrer gestörten Persönlichkeitsentwicklung schizotype Persönlichkeitsteile entwickelt habe.

        Deswegen habe er in seinen früheren Berichten die Diagnose schizotype Persönlichkeitsstörung gestellt. Diese Diagnose könne differenzialdiagnostisch im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung interpretiert werden (IV-act. 159-3 ff.). Schliesslich stellt Dr. M. in seinem Bericht vom 16. Mai 2017 mithin nach Erlass der Verfügung vom 11. April 2017 - nebst einer Agoraphobie mit Panikstörung die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, schizotypen, histrionischen und ängstlich-vermeidenden Anteilen (act. G1.4) und versammelt damit unter anderem mehrere früher als Verdachtsdiagnosen genannten Persönlichkeitsstörungen. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass Dr. M. von gravierenden psychiatrischen Erkrankungen ausgeht, dabei aber nicht überzeugend festlegen kann, welche Diagnosen bei der Beschwerdeführerin zutreffen. Weder seine Diagnose einer schizotypen Störung noch jene einer kombinierten Persönlichkeitsstörung erklärt die Ressourcen und Defizite der Beschwerdeführerin hinreichend.

      7. RAD-Arzt Dr. P. diagnostizierte am 12. Oktober 2015 als erster involvierter Arzt eine (dekompensierte) abhängige Persönlichkeitsstörung (mit emotional instabilen Anteilen). Personen mit dieser Persönlichkeitsstörung verlassen sich bei Entscheidungen passiv auf andere Menschen. Die Störung ist ferner durch große Trennungsangst, Gefühle von Hilflosigkeit und Inkompetenz, durch eine Neigung, sich den Wünschen anderer unterzuordnen sowie durch ein Versagen gegenüber den Anforderungen des täglichen Lebens gekennzeichnet. Die Kraftlosigkeit kann sich im intellektuellen emotionalen Bereich zeigen; bei Schwierigkeiten besteht die Tendenz, die Verantwortung anderen zuzuschieben (F60.7 ICD-10). Diese Beschreibung scheint auf die Beschwerdeführerin kaum zuzutreffen. So übernahm sie bei der Haushaltsabklärung von sich aus die Gesprächsführung (vgl. IV-act. 106-9) und auch Dr. Q. beschrieb, die Beschwerdeführerin habe sich ihm gegenüber keineswegs zurückhaltend, selbstunsicher ängstlich gezeigt, sondern sei von Beginn der Untersuchung an fordernd, distanzlos, kontrollierend und manipulativ in ihrem Verhalten aufgetreten und habe versucht, den Gesprächsverlauf in ihrem Sinne zu bestimmen (IV-act. 148-24). Seine fachärztliche Meinung zur Medikation habe die Beschwerdeführerin nicht interessiert. Sie habe angegeben, sie wisse besser als ein Arzt, was für sie gut sei, welche Medikamente sie vertrage und welche nicht (IV-

        act. 148-25). Weshalb das Therapiesetting (Hausbesuche Dr. M. s) beibehalten werde, lasse sich nur vermuten und eventuell mit dem fordernden Verhalten der Beschwerdeführerin erklären, die quasi mit Panikattacken "drohe", wenn man ihren sehr konkreten Wünschen nach nicht erforderlicher Schonung nicht entspreche (IV-

        act. 148-23). Auch ein früherer Hausarzt der Beschwerdeführerin, Dr. med. U. , FMH Allgemeine Medizin, hielt in einem Bericht vom 2. Mai 2007 fest: "Die Behandlung [der Beschwerdeführerin] gestaltet sich ausgesprochen schwierig, da sie sehr misstrauisch ist, schulmedizinische Behandlungsprinzipien nicht akzeptiert und in jeder Beziehung sehr ambivalent reagiert" (IV-act. 10-28). Gegen eine adäquate psychiatrische Behandlung habe sich die Beschwerdeführerin immer vehement gewehrt (IV-

        act. 10-29). Auch gegenüber Dr. U. verhielt sich die Beschwerdeführerin also nicht passiv und verliess sich nicht auf seine fachliche Meinung. Die Diagnose Dr. P. s überzeugt somit nicht. Auch wenn in der ersten Lebenshälfte maskierende Faktoren vorliegen mögen, erscheint nicht überwiegend wahrscheinlich, dass diese eine Persönlichkeitsstörung (und nicht nur eine Persönlichkeitsakzentuierung) maskiert hätten.

      8. Der Gutachter Dr. Q. selbst legte seine Einschätzung, wonach bei der Beschwerdeführerin akzentuierte Persönlichkeitszüge bestehen, ausführlich und nachvollziehbar dar (siehe insbesondere IV-act. 148-21 f. 148-25 f.). Er kam zum Schluss, dass eine voll ausgebildete kombinierte Persönlichkeitsstörung anhand der Untersuchungsbefunde weiterhin nicht verifiziert werden könne (IV-act. 148-25). Die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit müsse auf objektiv feststellbaren psychischen Symptomen und Einschränkungen, und nicht auf subjektiven Angaben der Explorandin der behandelnden Therapeuten beruhen und könne zudem psychosoziale Faktoren, die als IV-fremd gelten würden, nicht mit einbeziehen (IV-act. 148-37). Zusammenfassend ist das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung gestützt auf die vorliegenden Akten nicht überwiegend wahrscheinlich.

    1. Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass Dr. Q. keine fachpsychologische Persönlichkeitstestung vorgenommen habe. Dr. Q. rechtfertigte dies damit, eine neuropsychologische Testung sei 2009 durchgeführt worden (vgl. IV-act. 64-35 ff.). Seither seien keine neuen psychischen Symptome neue Störungen hinzugekommen (IV-act. 162). Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Von einer neuerlichen Testung sind daher keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten. Dr. Q. durfte somit auf eine fachpsychologische Persönlichkeitstestung verzichten, ohne dass damit der Beweiswert des Gutachtens kompromittiert wird.

    2. Die Beschwerdeführerin kritisiert weiter, Dr. Q. habe den Bericht der Pflegefachfrau O. zu Unrecht nicht berücksichtigt. Ausserdem hätten Angst, Unsicherheit, regressives Verhalten und Stimmungsschwankungen, ausgelöst durch die Anreise für die Begutachtung, für welche die Beschwerdeführerin zwei Begleiter und zwei Tabletten Temesta gebraucht habe, ihre Kooperation während des

      Gutachtens negativ beeinflusst. Dem kann nicht zugestimmt werden. Dr. Q. hat den Bericht der Pflegefachfrau zur Kenntnis genommen, vertrat aber die Ansicht, bei solch widersprüchlichen Angaben in den Akten könne nicht einfach darauf abgestellt werden, ebenso wenig wie auf den Bericht über die Haushaltsabklärung (vgl. IV-act. 148-36). Die Beschwerdeführerin stelle sich als Opfer dar, demonstriere eine gelernte Hilflosigkeit und zeige ein dysfunktionales Verhalten. Sie verhalte sich auch gegenüber ihrem Helfernetz manipulativ (vgl. beispielhaft IV-act. 148-24, 148-36 und 162-2). Es ist deshalb nachvollziehbar, dass Dr. Q. auch den Bericht der Pflegefachfrau O. unter diesem Blickwinkel betrachtete. So fällt beispielsweise auf, dass O. in ihrem Bericht vom 13. März 2015 unter anderem schilderte, bei einer Begleitung zum Sozialamt habe die Beschwerdeführerin kaum eingestiegen ins Auto hörbar schneller zu atmen begonnen. Auf dem Parkplatz vor Ort habe sie es erst nach Atemübungen geschafft, auszusteigen (IV-act. 101-1). Gegenüber Dr. Q. gab die Beschwerdeführerin ebenfalls an, sie leide aktuell unter akuter Atemnot und könne sich kaum konzentrieren (IV-act. 148-17). Dr. Q. beschrieb dann aber klinisch keine Atemnot und stellte eine gute Aufmerksamkeit, gutes Auffassungsvermögen, keine Störung der Ausdauer und keine Störung der Konzentration fest (vgl. IV-act. 148-21). Auffällig sei gewesen, dass sich die angegebenen Ängste in der ausführlichen und gründlichen Exploration und dem teilweise anstrengenden Gespräch, das einen gewissen stressauslösenden Charakter für die Beschwerdeführerin hätte haben müssen, nicht gezeigt hätten (IV-act. 148-24). Dass die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen der Untersuchungssituation nicht gewachsen war, lässt sich anhand der Beschreibung Dr. Q. s somit nicht ausmachen.

    3. Die Beschwerdeführerin bringt vor, bei ihr bestehe keine Benzodiazepinabhängigkeit. Sie nehme unregelmässig 0.5 bis 1 mg Temesta ein, um sich zu beruhigen, wenn ihre bekannten Angstsymptome aufträten. Dr. Q. hat die Benzodiazepinabhängigkeit lediglich als Verdachtsdiagnose gestellt. Als solche ist sie angesichts der folgenden Hinweise in den Akten nachvollziehbar: Dr. G. hielt im Bericht vom 28. November 2007 fest, der Beschwerdeführerin sei anlässlich der zweiten stationären Hospitalisation in der Klinik C. im Spätsommer 2006 als Reservemedikation Temesta abgegeben worden. Später habe die Beschwerdeführerin dieses Medikament zur Selbstmedikation eingesetzt (IV-act. 12-3 f.). RAD-Arzt

      Dr. V. wies bereits am 8. Oktober 2008 darauf hin, dass Temesta für eine Angststörung eine denkbar ungünstige Behandlung sei, da das Benzodiazepin längerfristig eine Abhängigkeit provoziere, ohne die Angst zu bessern (IV-act. 11-12). Gegenüber Dr. L. äusserte die Beschwerdeführerin, sie nehme im Durchschnitt 1.5 mg Lorasifar am Tag (IV-act. 64-29; der Wirkstoff in Lorasifar ist der gleiche, der auch

      in Temesta enthalten ist). Dr. Q. erzählte die Beschwerdeführerin, sie habe 2011 einen Temesta-Entzug gemacht (IV-act. 148-16). Keine Partei macht geltend, die von Dr. Q. vermutete Benzodiazepinabhängigkeit bzw. die Einnahme von Temesta beeinflusse die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Unabhängig davon, ob bei ihr eine Benzodiazepinabhängigkeit besteht nicht, ist das Gutachten deshalb in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden.

    4. Die Beschwerdeführerin lässt sodann vorbringen, Dr. Q. hätte ihr "magisches Denken" beobachten können. Er hätte deshalb auch ihre schizotypen Anteile feststellen und eine schizotype Störung diagnostizieren müssen.

      1. Vorab ist anzumerken, dass Dr. L. im Rahmen seiner Untersuchung 2009 keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer organischen, einschliesslich einer symptomatischen psychischen Störung, einer Störung durch psychotrope Substanzen, einer Schizophrenie, einer schizotypen wahnhaften Störung fand (IV-act. 64-50).

      2. Dr. Q. hat die Angaben der Beschwerdeführerin, welche von Dr. M. als "magisches Denken" bezeichnet werden, in sein Gutachten aufgenommen. Er hat sie indes anders interpretiert als Dr. M. , nämlich im Rahmen der Persönlichkeitsakzentuierung mit histrionisch-unreifen und emotional-instabilen Anteilen. Dr. M. führte selbst aus, differenzialdiagnostisch könne statt einer schizotypen Störung auch eine kombinierte Persönlichkeitsstörung interpretiert werden (IV-act. 159-5). Wird die Differenzialdiagnose herangezogen, so sind sich der Behandler und der Gutachter nur noch über das Ausmass der Beeinträchtigung (Akzentuierung Störung) uneinig. Dass Dr. Q. die Erzählungen der Beschwerdeführerin nicht

        als Hinweis auf eine schizotype Störung interpretiert hat, weckt somit keine Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens.

      3. Invalidenversicherungsrechtlich kommt es zwar grundsätzlich nicht auf die Diagnose an, sondern einzig darauf, welche Auswirkungen eine Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit hat. Massgebend ist in erster Linie der lege artis erhobene psychopathologische Befund und der Schweregrad der Symptomatik sowie die damit verbundenen Funktionseinschränkungen (Urteil des Bundesgerichts vom 28. Juni 2018, 9C_273/2018, E. 4.2 mit Hinweisen). Vorliegend erklären aber die verschiedenen Diagnosen auch die unterschiedlichen Meinungen über die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Während Dr. M. aufgrund des kombinierten Störungsbildes

von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit und einer fehlenden Therapierbarkeit

ausgeht, legte Dr. Q. ausführlich dar, dass bei einer blossen

Persönlichkeitsakzentuierung und diversen Ressourcen der Beschwerdeführerin eine volle Arbeitsfähigkeit bestehe.

    1. Aus den voranstehenden Ausführungen wird ersichtlich, dass die Begutachtung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht bloss oberflächlich erfolgt ist.

    2. Dr. M. argumentiert sodann, es sei Teil des Krankheitsbildes der

      Beschwerdeführerin, dass sie eine adäquate Behandlung ablehne.

      1. Das würde möglicherweise zutreffen, wenn bei ihr eine schizotype Störung vorliegen würde. Da das Vorliegen einer schizotypen Störung nicht überwiegend wahrscheinlich ist und der Gutachter nachvollziehbar eine blosse Persönlichkeitsakzentuierung diagnostizierte, überzeugt diese Argumentation indes nicht.

      2. Zwar beschrieb Dr. K. schon im Arztbericht vom 23 April 2009 "phobisch anmutende Ängste vor Psychopharmaka" (IV-act. 50-3), sodass eine mangelnde Bereitschaft zur Annahme einer adäquaten Medikation allenfalls auch auf eine Angststörung bzw. eine ängstliche Persönlichkeitsstörung zurückgeführt werden könnte. Dagegen spricht indes, dass die Beschwerdeführerin ihre Ablehnung einer ärztlich empfohlenen Medikation nicht mit Ängsten Vorbehalten begründet, sondern angibt, sie wisse selber, was für sie gut sei (vgl. IV-act. 148-25) bzw. gegenüber Dr. M. offenbar geäussert hat, die Wirkung von Psychopharmaka würden ihre Beziehung zu den ausserirdischen, spirituellen Kräften stören (act. G1.4). Zudem hielt bereits Dr. F. mit Arztbericht vom 5. Februar 2007 fest, die Beschwerdeführerin lehne eine medikamentöse Behandlung ab, da sie subjektiv schon

        bei geringen Dosen an vielen Nebenwirkungen leide (IV-act. 10-19), was impliziert, dass

        solche Nebenwirkungen nicht objektiviert werden konnten.

      3. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn Dr. Q. eine Expositionstherapie sowie eine angepasste medikamentöse Behandlung als der Beschwerdeführerin zumutbar qualifiziert (vgl. insbesondere IV-act. 148-25).

    1. Soweit die Beschwerdeführerin sinngemäss geltend macht, sie sei nicht arbeitsfähig, ist zu beachten, dass sie ihre Leistungsfähigkeit subjektiv bereits in der Vergangenheit deutlich zu tief eingeschätzt hat (vgl. auch IV-act. 148-27). So gab sie beispielsweise gegenüber Dr. L. an, dass sie rasch ermüde. Sie zeigte aber während des Untersuchs keine Anzeichen von Müdigkeit, Erschöpfung Überdruss (IV-act. 64-37). In der für die Begutachtung von Dr. L. vorgenommenen Testung wurde festgehalten: "Die Testergebnisse zeigen, dass die Testperson fähig ist, ihr

      berufliches Fachwissen (Grundschullehrerin, I. ) optimal einzusetzen ( ) Sie weisen allerdings gleichzeitig darauf hin, dass die Testperson ihre fachlichen Kompetenzen als äusserst gering einschätzt" (IV-act. 64-38). Dem Verlaufsprotokoll der damals zuständigen IV-Stelle vom 2. März 2010 ist zu entnehmen, dass aus Sicht der Arbeitsvermittlung nach wie vor keine Basis für den ersten Schritt in die Arbeitswelt bestehe. Die Beschwerdeführerin ziehe sich bei der kleinsten Unannehmlichkeit zurück und verschliesse sich gegen alles von aussen (IV-act. 69-5). Die Beschwerdeführerin befürchtet sodann offenbar das Auftreten von Panikattacken, auch wenn diese tatsächlich seit langer Zeit nicht mehr aufgetreten sind (vgl. IV-act. 148-37 IV-

      act. 64-32). In ihrem Haushalt erscheint die Beschwerdeführerin hingegen nicht eingeschränkt. Die Pflegefachfrau O. schreibt dazu: "Die Pflege des Hauses, des Gartens und Zubereitung von Mahlzeiten, sowie die Versorgung ihrer drei Katzen und Meerschweine bedeuten für sie Abwechslung im Alltag und erledigt sie beispielhaft. Im Umgang mit Tieren zeigt sie sich fürsorglich und adäquat. An Tagen wo sie sich erschöpft fühlt, muss sie sich dazu zwingen, lebenspraktischen Aktivitäten nachzukommen." Zu ihrer Tochter pflege sie einen herzlichen, fürsorglichen Umgang (IV-act. 101-3). Auch die Haushaltsabklärung ergab keine Einschränkungen im Haushalt, wobei eine Abfrage im üblichen Sinn nicht möglich war, die Beschwerdeführerin aber betonte, bei ihr sei es immer schon sauber und rein (IV-

      act. 106-7 und 106-9). Gegenüber Dr. Q. schilderte sie ebenfalls einen Tagesablauf mit diversen Aktivitäten, namentlich Haushaltund Gartenarbeiten, selten Kochen, Versorgung der Haustiere, ab und zu Besuch Chatten im Internet (IV-act. 148-19). Dr. Q. erachtete daher das Aktivitätsniveau in der Freizeit als weitgehend normalisiert und sah Ressourcen und Fähigkeiten, welche auch im beruflichen Bereich eingesetzt werden könnten (IV-act. 148-26 und 148-37).

    2. Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, die Berichte ihres behandelnden Psychiaters Dr. M. s sowie des RAD-Arztes Dr. P. seien weitaus überzeugender und stringenter als das Fachgutachten Dr. Q. s.

      1. Die Beschwerdegegnerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Erfahrungstatsache, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte mit Blick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung im Zweifel eher zugunsten ihrer Patienten aussagen und deshalb zurückhaltend zu werten seien (vgl. hierzu etwa BGE 125 V 351

        E. 3b/cc BGE 135 V 465 E. 4.5). Dabei handelt es sich um eine Richtlinie, die als solche mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) vereinbar ist. Bei der Abschätzung des Beweiswerts im Rahmen einer freien und umfassenden Beweiswürdigung dürfen allerdings auch die potentiellen Stärken der Berichte

        behandelnder Ärzte nicht vergessen werden. Der Umstand allein, dass eine Einschätzung vom behandelnden Mediziner stammt, darf nicht dazu führen, sie als von vornherein unbeachtlich einzustufen; die einen längeren Zeitraum abdeckende und umfassende Betreuung durch behandelnde Ärzte bringt oft wertvolle Erkenntnisse hervor. Auf der anderen Seite lässt es die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-)Arztes einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten fachmedizinischen Experten anderseits nicht zu, ein Administrativoder Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil die behandelnden Ärzte wichtige - und nicht rein subjektiver ärztlicher Interpretation entspringende - Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt ungewürdigt geblieben sind (Entscheid

        des Bundesgerichts vom 27. Mai 2008, 9C_24/2008, E. 2.3.2 mit Hinweisen). Zudem ist auch dem Umstand, dass die ärztliche Beurteilung von der Natur der Sache her unausweichlich Ermessenszüge trägt, Rechnung zu tragen (Entscheid des Bundesgerichts vom 23. Januar 2019, 9C_804/2018, E. 2.2 mit Hinweisen).

      2. Vorliegend befindet sich die Beschwerdeführerin zwar seit Jahren in Dr. M. s Behandlung, sodass dieser sie sehr gut kennt. Wie aus den voranstehenden Ausführungen hervorgeht, hat er jedoch keine wesentlichen objektiven Gesichtspunkte benannt, welche Dr. Q. ausser Acht gelassen hätte. Seine abweichende Einschätzung sowohl betreffend Diagnosen wie auch bezüglich der funktionellen Einschränkungen der Beschwerdeführerin vermögen daher keinen Mangel am Gutachten offenzulegen. Weshalb nicht auf die Einschätzung von Dr. P. abgestellt werden kann, wurde bereits ausführlich dargelegt (siehe vorstehende E. 4.2.7).

4.11. Zusammenfassend ist somit auf das Gutachten Dr. Q. s vom 5. November

2016 abzustellen.

5.

    1. Aus diesem Grund ist die Beschwerdeführerin als zu 100% arbeitsfähig in ihrer angestammten Tätigkeit als B. und I. sowie in anderen adaptierten Tätigkeiten anzusehen. Da sie zudem fähig ist, ihren Haushalt zu besorgen, liegt auch im Aufgabenbereich keine Invalidität vor. Folglich hat die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf eine Invalidenrente. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem

      Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis

      Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1 bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegenden Angelegenheit angemessen. Da die Beschwerdeführerin vollumfänglich unterliegt, ist die Gerichtsgebühr grundsätzlich ihr aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1]). Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege ist die Beschwerdeführerin von der Bezahlung zu befreien.

    3. Der Staat bezahlt zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung die Kosten der Rechtsvertretung. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (HonO;

      sGS 963.75) pauschal Fr. 1'500.-bis Fr. 15'000.--. Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin hat keine Honorarnote eingereicht. Der Bedeutung und dem Aufwand der Streitsache angemessen erscheint eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer). Diese ist um einen Fünftel zu kürzen (Art. 31 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes, sGS 963.70). Somit hat der Staat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin pauschal mit Fr. 2'800.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

    4. Eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald sie dazu in der Lage ist (Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272] i.V.m. Art. 99 Abs. 2 VRP).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Beschwerdeführerin wird von der Bezahlung der Gerichtsgebühr in der Höhe von Fr. 600.-zufolge unentgeltlicher Rechtspflege befreit.

3.

Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung mit Fr. 2'800.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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